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JULIAN PRZYBOŚ Poesie und Poetik

Inhalt

Herausgegeben und aus dem Polnischen übertragen von Karl Dedecius.
1990. 278 S. Ln. EUR 17,80 (3-518-40238-2).


"Lyrik ist die für den Wandel, für das Neue empfindlichste Kunstgattung des Worts" ein durchaus eigenwilliger Neuerer des Worts blieb Przyboś (1901–1970) zeitlebens. Weder Wort-Musik noch Wort-Malerei, weder Stimmungs- noch Gedankenlyrik, ließe sich seine Poesie wohl am ehesten als eine "geometrische" bezeichnen. Przyboś blieb kraft der Originalität und Weite seines poetischen und essayistischen Schaffens ein Spiritus rector des literarischen Lebens in Polen bis zu seinem Tode 1970.

In der vorliegenden Auswahl erscheinen etwa die Hälfte der Gedichte sowie die meisten Texte zur Poetik erstmals in deutscher Übersetzung. Die wieder abgedruckten Übersetzungen sind in der Regel Neufassungen.

Julian Przyboś (1901–1970), Dichter und Essayist, war Mitbegründer der Krakauer Avantgarde. Sein dichterisches Werk und seine ästhetischen und philosophischen Reflexionen prägten eine moderen Poetik Polens. Neben seiner literarischen Tätigkeit war er stets gesellschaftspolitisch engagiert.

Inhaltsverzeichnis

FERNE

Ein wesentlicher Faktor meiner Poesie ist das Raumgefühl. Dem Raum bin ich bei Supervielle begegnet, und deshalb hat mir dieser auch anfänglich so gut gefallen, trotz seiner unerträglichen Vorliebe für das Motiv des Todes. Supervielles Ferne, mitgebracht von den Reisen über Ozeane und Pampas, hat etwas von Whitmans geographischer Exaltation: Sie ist ein wenig kartographisch und astronomisch, zur Abstraktion erhoben ...

AUS DEN GEDICHTEN

Die Welt entfernt sich.
Verspätete versäumen den
Eilzug,
sie decken sich mit dem Horizont zu. Die Menge verschwindet unter der Erde,
und die, die an der Oberfläche
bei den Abschußrampen
blieben, entsetzt
die Erde, sooft sie begeistert.
Auch in mir, der, wenn ich
jemals gebetet habe,
dann in der Jugend zur
Hochspannungsanlage,
preisend in der Materie die durch den Menschen befreite,
also seine Kraft,
auch in mir gibt es heute
keine Begeisterung ohne
Entsetzen

Rezensionen

"Er blieb stets dem poetischen Ethos treu, das ihn beherrschte ... es ist angebracht, die geistigen Quellen und die innere Substanz Ost-Europas zu erforschen. Wer könnte dazu einen besseren Beitrag leisten als die Poeten ..."
Die Weltwoche, Zürich