theater spielen

Band Nr. 11

Theater spielen und denken

Polnische Texte des 20. Jahrhunderts

Inhalt

Das polnische Theater genießt einen besonderen Ruf: Tadeusz Kantor, Józef Szajna, Jerzy Grotowski - innovative Bühnenkunst kam in den vergangenen Jahrzehnten oft aus Polen. Die Anthologie vereint in vier Abteilungen Essays, Manifeste und wissenschaftliche Abhandlungen von Praktikern und Theoretikern des Theaters aus dem gesamten 20. Jahrhundert. Sie repräsentieren die interessantesten Konzepte polnischer Theaterleute auf der Suche nach neuen oder modifizierten Formen, Stilen und szenischen Konventionen, nach neuen Theaterästhetiken. Wegweisend waren oft nicht nur einzelne Inszenierungen, sondern insbesondere auch die Art der Vermittlung zwischen Bühne und Publikum. Dadurch wurde die soziale Funktion des Theaters neu definiert.

Der von den an der Krakauer Jagiellonen-Universität lehrenden Theaterwissenschaftlern Malgorzata Sugiera und Mateusz Borowski herausgegebene Sammelband stellt die Texte von Adam Mickiewicz, Stanislaw Wyspianski, Jerzy Grotowski, Jan Kott, Witold Gombrowicz, Tadeusz Kantor, Stanislaw Ignacy Witkiewicz, Leon Schiller, Roman Ingarden und vielen anderen in den Kontext des in den letzten Jahren diskutierten Paradigmenwechsels, der unter der Bezeichnung "performative Wende" bekannt geworden ist.


Małgorzata Sugiera ist Inhaberin des Lehrstuhls für Dramatische Literatur an der Jagiellonen-Universität in Krakau und beschäftigt sich mit dem modernen europäischen Drama. Zuletzt veröffentlichte sie Upiory i inne powroty. Pamięć – historia – dramat (Gespenster und andere Heimkehren. Gedächtnis – Geschichte – Drama). Kraków 2006. Sie ist auch als Übersetzerin tätig.

Mateusz Borowski ist Assistent am Lehrstuhl für Dramatische Literatur der Krakauer Jagiellonen-Universität. Seine Dissertation In Search of the Real. New Developments in the European Drama of the 1990s hat er an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz eingereicht.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung: Spielen als Denken / Denken als Spielen. Performativität als Paradigma des polnischen Theaters 

I Theater spielen

Theater miterleben

Einführung 

Adam Mickiewicz: Vorlesungen über slawische Literatur und Zustände. Lektion XVI
Ostap Ortwin: Das tragische Theater
Stanisław Wyspiański: Studium über Hamlet
Leon Schiller: Theater von morgen
Leon Schiller: Das Riesentheater
Juliusz Osterwa: Sudelbuch
Konrad Swinarski: Über die Ahnenfeier
Konrad Swinarski: Wahre und verlogene Worte
Jerzy Grotowski: Theater und Ritual
Die Welt von ihrem Bann befreien. Mit Włodzimierz Staniewski spricht Zbigniew Taranienko
Jan Kott: Über den Ernst des Theaters

Theater zerstören

Einführung

Bolesław Leśmian: Über die Theaterkunst
Witold Gombrowicz: Aus den Tagebüchern
Tadeusz Różewicz: Der unterbrochene Akt
Miron Białoszewski: Über den Mickiewicz, wie ich ihn spreche
Helmut Kajzar: Manifest des Meta-Alltäglichen Theaters
Helmut Kajzar: Das Meta-Alltägliche Theater

Theater neu entwerfen

Einführung

Stanisław Ignacy Witkiewicz: Einführung in die reine Form des Theaters
Jalu Kurek: Gegen die Theorie des Theaters von S. I. Witkiewicz
Witold Wandurski. Die Form, das Wesen des Theaterschaffens
Halina und Szymon Syrkus: Das Simultantheater
Andrzej Pronaszko: Die Wiedergeburt des Theaters
Józef Jarema: Cricot. Über das plastische Theater
Tadeusz Kantor:
Illusion
Illusion und Wiederholung
Irreführende Begriffe
Von sich in der dritten Person sprechen

II Theater denken

Einführung

Leon Schiller: Eine neue Richtung in der Theaterwissenschaft
Stefania Skwarczyńska: Einige praktische Konsequenzen der theaterorientierten Dramentheorie
Roman Ingarden: Das Theaterstück
Jerzy Ziomek: Das Darstellerkonzept im literarischen Werk. Probleme der Gattungstheorie
Zbigniew Raszewski: Das Theater in der Welt der Schauspiele


Zu den Autoren und ihren Werken
Personenverzeichnis
Inhaltsverzeichnis

Rezensionen

"Einen weit vermittelnden Kontext für Różewicz bietet die gerade bei Suhrkamp erschienene Anthologie 'Theater spielen und denken' von Mateusz Borowski und Małgorzata Sugiera, in dem das polnische Theater des 20. Jahrhunderts als ein großer, experimenteller Raum von Stanisław Wyspiański bis zu Grotowski, Kantor und 'Gardzienice' ausgeleutet wird: Als Raum der angewandten Theorien für ein anderes Theater, in dem die polnische Tradition aus verschiedenen historischen Gründen beinahe von Anfang an stand und ihre Selbstverständigung fand."
Thomas Irmer, in: www.nachtkritik.de vom 21.7.2008

"Mit ihrem zweifachen Zugriff auf das polnische Theater als 'künstlerisches Ereignis einer kollektiven Anstrengung von Bühnenkünstlern' und 'als Thema theoretischer Erörterungen sowie systematisierender Spekulationen von Kritikern und Akademikern' (S. 11) besetzen die renommierten Theaterwissenschaftler der Jagiellonen-Universität in Krakau eine Leerstelle in der deutschsprachigen Rezeptionsgeschichte einer im europäischen Maßstab bedeutenden Institution. (...)
In ihrer fundierten Einleitung verfolgen sie (...) unter der Überschrift 'Spielen als Denken / Denken als Spielen. Performativität als Paradigma des polnischen Theaters' einen in mehrfacher Hinsicht neuen methodischen Ansatz. Sie präsentieren in vier großen Abschnitten (...) eine Textauswahl, die aus Essays, Manifesten, wissenschaftlichen Artikeln, Auszügen aus einem Theaterstück besteht und eine grundlegende Idee umsetzen will: Wie ist das Verhältnis des Zuschauers im Sinne einer Interaktion mit der Bühnenwelt neu zu definieren? (...)
Die vorliegende, sorgfältig edierte Anthologie weist eine überraschende Breite an Theaterkonstrukten auf, die selbst für den Kenner der polnischen dramaturgischen Landschaft manche Entdeckungen parat hält, die der Titel der Publikation nur anzudeuten vermag. Vielmehr sind es die Aspekte der Zerstörung tradierter Formen und die neuen Theaterentwürfe, die auf dem polnischen Thespiskarren in die europäische und globale Theaterwelt gewandert sind und dort vielerorts bewundert wurden. (...)"
Wolfgang Schlott in: Osteuropa 2009, H. 4, S. 173-175