polen und der osten

Band Nr. 7

Polen und der Osten

Texte zu einem spannungsreichen Verhältnis

Inhalt

Polens Osten ist weit. Da sind die einstigen Ostgebiete – das historische Staatsgebiet der Adelsrepublik reichte bis Kiev und Smolensk. Da sind die östlichen Nachbarn – Russen, Ukrainer, Weißrussen, Litauer. Der Osten bereicherte das Land, barg aber auch Gefahren.
Das vielschichtige Spannungsverhältnis zwischen Polen und dem Osten prägt das politische Denken und die Kultur des Landes. Einige Stichworte: Russifizierung und imperiale Machtpolitik, kommunistische Bedrohung, neue osteuropäische Nationalismen, Bürgerkriege, Flucht und Vertreibung, die Zugehörigkeit zum »Ostblock« und die Auflösung desselben, Polens Sehnsucht nach dem Westen und der Sehnsuchtshorizont der verlorenen Ostgebiete, die neuen Nachbarschaften nach der politischen Wende mit Rußland, Ukraine, Weißrußland und auch Litauen.

Andrzej Chwalba zeichnet in seiner Anthologie die komplizierte Geschichte und Gegenwart nach, erhellt anhand ausgewählter Texte der letzten hundert Jahre, wie Polen sich den Osten denkt. Der Band enthält Texte u.a. von Paweł Jasienica, Józef Piłsudski, Aleksander Hertz, Paulina Watowa, Gustav Herling, Stanisław Vincenz und Adam Zagajewski.


»Soll ich Dir sagen: Ich hasse Dich? Oder – daß ich Dich liebe?«
(Jarosław Iwaszkiewicz: An Rußland, 1928)

»Nach Lemberg fahren. Von welchem Bahnhof
nach Lemberg, wenn nicht im Traum, bei Tagesanbruch,
wenn Tau die Koffer bedeckt...«
(Adam Zagajewski: Nach Lemberg fahren, 1985)


Andrzej Chwalba (geb. 1949) lehrt an der Krakauer Jagiellonen-Universität Geschichte. Er beschäftigt sich unter anderem mit den polnisch-russischen Beziehungen und veröffentlichte zuletzt eine Geschichte Polens im langen 19. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung der Herausgeber
Andrzej Chwalba: Polen und der Osten. Tausend Jahre Nachbarschaft

Zwischen Ausgleich und Kampf (bis 1918)

Tomasz Wentworth Lubieński: Möglichkeit zur Lösung der polnischen Frage in Rußland
Paweł Jasienica: Geboren in Rußland
Roman Dmowski: Deutschland, Rußland und die polnische Frage (Auszüge)
Józef Piłsudski: Das Murawjow-Denkmal
Feliks Koneczny: Polen zwischen Ost und West (Auszug)

Wie lassen sich die nationalen und staatlichen Interessen sichern? (1918-1939)

Jarosław Iwaszkiewicz: An Rußland
Józef Piłsudski: Wilnaer Rede über die gemeinsame Geschichte Polens und Litauens
Józef Piłsudski: Freiwilliger Frieden oder Krieg. Gespräch mit der Zeitung »Le Petit Parisien«
Jędrzej Giertych: Über das Programm einer Ostgebietspolitik
Władysław Studnicki: Der Kauener Staat. Das heutige Verhältnis der Litauer zu den Polen
Adolf Bocheński: Die polnische Monroe-Doktrin
Antoni Słonimski: Aus den Wochenchroniken
Aleksander Hertz: Über Stalins Herrschaft. Zu Büchern von André Gide und Sir Walter Citrine
Stefan Wyszyński: Die Kultur des Bolschewismus und die polnische Intelligenz
»Fort mit dem schändlichen Krieg gegen die Sowjetrepubliken!«
»Gegen die verbrecherische Politik des polnischen Imperialismus«
»Fort mit der polnischen Besetzung der Westukraine!«

Zwischen dem Archipel Gulag und Wolhynien (1939-1945)

Ola Watowa: Zwangseinbürgerung
Stanisław Vincenz: Dialog mit den Sowjets. Erster Aspekt
Die Frage der Ostgrenzen
Gustaw Herling-Grudziński: Hunger
Ewa Siemaszko, Władysław Siemaszko: Der Völkermord in Wolhynien 1943 und 1944

Dem Schatten von Jalta entkommen ... (1945-1989)

Juliusz Mieroszwski: Der russische »Polenkomplex« und das ULW-Gebiet
Stanisław Stomma: »Mit dem Staub des Bruderbluts«
Anonymus: »Von Shakespeare«, »Grottgersche Szenen«
Adam Zagajewski: Nach Lemberg fahren
Krzysztof Dybciak: Die Ostgebiets-Thematik in der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts
Jan Pruszyński: Raub und Zerstörung des kulturellen Erbes der Ostgebiete der Polnischen Republik

Ist eine Erinnerung an die gemeinsame Geschichte möglich? (1989-2004)

Antoni Z. Kamiński: Unser Platz in Europa
Grzegorz Kotlarski: Rußland und die Russen. Striche zu einem Selbstporträt
Agnieszka Magdziak-Miszewska: Stereotype durchbrechen
Andrzej Ajnenkiel: Der Einfluß der Geschichte auf die Beziehungen zu den Nachbarn. Einige Bemerkungen zu den polnisch-litauischen Beziehungen
Echos aus dem Jurassic Park. Jerzy Pomianowski im Gespräch mit Jan Strzałka
Bartłomiej Sienkiewicz: Putins Exportprodukt
Bohdan Cywiński: Man vernimmt die Schritte Wernyhoras
Non-Paper des Außenministeriums der Republik Polen
Żanna Słonikowska: Polen in Lemberg. Schwarze Schafe mit weiß-rotem Stammbaum

Anhang

Zu den Autoren und ihren Texten
Personenverzeichnis
Inhaltsverzeichnis

 

Rezensionen

"'Polen und der Osten' ist ein Thema, das uns nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union noch viel mehr interessieren muss als zuvor. Wir müssen wissen, was unser östlicher Nachbar über seinen Platz in Europa denkt, wenn wir uns an die Formulierung einer gemeinsamen europäischen Ostpolitik machen.
Ich wünsche dem Band viele Leser. Sie werden viele Einsichten gewinnen."
Bundespräsident Horst Köhler in einem Brief an das Deutsche Polen-Institut

"In dem nun bei Suhrkamp erschienenen Sammelband 'Polen und der Osten' wird der polnische Widerstand gegen die Unterdrückung durch den übermächtigen russischen Nachbarn dokumentiert, aber auch immer wieder kritisch in Frage gestellt. So erscheint dem katholischen Publizisten und Politiker Stanisław Stomma gerade der Januar-Aufstand als Paradebeispiel einer verfehlten Politik polnischer Nationalpolitiker, die viel zur Tragödie der Polen im 19. und 20. Jahrhundert beigetragen habe.
(...) bietet dieser Band aus der Polnischen Bibliothek des Suhrkamp Verlages neues und grundlegendes Wissen für alle, die sich für die Ostbeziehungen unseres östlichen Nachbarn interessieren."
Martin Sander in: Deutschlandradio Kultur vom 17. November 2005

"Der Zerfall der Sowjetunion bescherte vier neue Nachbarn im Osten, mit denen es eine lange und oft schmerzvolle Geschichte verbindet. Polens Sicht auf diese Region der vielen Sprachen, Konfessionen und Kulturen dokumentiert die vom Historiker Andrzej Chwalba herausgegebene Textsammlung."
Andreas Mix in: Berliner Zeitung vom 23. Januar 2006

"Zum Auftakt legt der Herausgeber Chwalba eine hervorragende, weil ebenso kurze wie präzise Chronik der polnischen Geschichte vor - Tausend Jahre Nachbarschaft. (...) Ein gutes Händchen hatten die Herausgeber bei der Auswahl der Texte und Autoren. (...) Die Mischung macht es, und die ist perfekt."
Wolfgang Mehlhausen in: www.politik.de
Zur gesamten Rezension: http://www.politik.de/kreativ/buecher,buch=34.html

"Chwalbas Darstellung skizziert die Hauptlinien, die sich in der anschließenden Sammlung widerspiegeln. In der überwiegenden Zahl der Dokumente wird polnische Ostpolitik im wesentlichen als die Auseinandersetzung mit Rußland verstanden. Das Verhältnis zu den übrigen östlichen Nachbarn erscheint als eine Funktion dieser Dominante. (...)
Dieser Auswahl gebührt (...) Anerkennung für die deutsche Erstveröffentlichung einer Vielzahl von Quellen, die für den Kenner polnischer Geschichte, der die Kontextualisierung dieser Texte leisten kann, für ausgewählte Aspekte wertvolles Material liefern."
Steffi Franke in: Osteuropa 56 (2006), H. 11/12, S. 316
Eine ausführlichere Fassung auch in:
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-1-178