Band Nr. 4
Polen denkt Europa
Politische Texte aus zwei Jahrhunderten
Inhalt
Polens Traum: Europa. Polens Zweifel: Europa. Polens Realität: Europa. Über die Jahrhunderte hinweg bewegte Europa die Polen, bewegte Polen Europa. Diskussionen entbrannten, Heere marschierten, Bücher erschienen, Grenzen verschwanden und entstanden, immer wieder: die Suche nach Heimat, Vaterland, Europa. Jahrhundertelang stellten sich die Menschen zwischen Warthe, Weichsel, Bug und Dniepr die Frage nach dem Kontext der Nation: War es Europa, der Westen, der Osten, gar Asien? Oder man sah sich selbst im Mittelpunkt einer echt ostmitteleuropäischen Tradition als Kernland der Sarmaten, der ewig Leidenden, als "Zwischeneuropa" irgendwo zwischen Rom, Moskau und Byzanz.
Die Modernisierung des Landes seit dem 18. Jahrhundert und seine Westverschiebung nach dem Zweiten Weltkrieg, endgültig dann die durch den erlöschenden Kalten Krieg möglich gewordene Öffnung verankerten Polen im Westen: Die "Rückkehr nach Europa" hörte auf, ein Traum der Eliten zu sein, sie wurde Realität, besiegelt durch eine beispiellose Intensivierung der Kontakte auf allen sozialen Ebenen und durch die Aufnahme in die Europäische Union im Mai 2004.
Ausgewählte Texte aus dem 19. und 20. Jahrhundert verdeutlichen in dieser Anthologie die Geschichte des polnischen Europadenkens.
Peter Oliver Loew (geb. 1967) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Polen-Institut Darmstadt.
Inhaltsverzeichnis
Peter Oliver Loew: Polen denkt Europa
Welches Europa für Polen? Texte des 19. Jahrhunderts
Über den Europäismus oder die Vereinigung der Völker Europas
Józef Maria Hoene-Wroński: Allgemeine Föderation der Staaten
Wojciech Bogumił Jastrzębowski: Abhandlung über den ewigen Bund zwischen den zivilisierten Völkern. Entwurf einer Verfassung für Europa
Zygmunt Edwin Gordaszewski: Allgemeine Föderation der Freien Staaten
Zygmunt Krasiński: Polen in Europa
Stefan E. Buszczyński: Der Niedergang Europas
Polen und der Westen: Nähe und Distanz, 1910 bis 1939
Jarosław Iwaszkiewicz: Europa
Stanisław Leopold Brzozowski: Das Pathos der westlichen Kultur
Szymon Askenazy: Polen und Europa
Antoni Chołoniewski: Geist der Geschichte Polens. Dem europäischen Festland vorausgeeilt
Stanisław Kutrzeba: Die Eigenart der polnischen Kultur und ihr Verhältnis zum Westen
Roman Dmowski: Die Nachkriegswelt und Polen
Bronisław Huberman: Europa im Kampf der Zölle, Klassen und Völker
Jan Parandowski: Polen liegt am Mittelmeer
Aleksander Wojtecki: Die Mitteleuropa-Frage. Elemente der Gemeinschaft
Traumwelt Europa, 1942 bis 1989
Czesław Miłosz: Notatnik: Europa
Krzysztof Jeżewski: Europa
Polnische Sozialistische Partei: Die Idee einer Föderation
Polen inmitten der Völker
Alfred Lampe: Zwischen vier Meeren
Intermarium
Józef Chałasiński: Polen liegt in Europa
Tymon Terlecki: Über Europa nach Polen
Paweł Hertz: Europäizität und polnische Literatur
Aleksander Bregman: Polen und das neue Europa
Stefan Kisielewski: Eine Stimme aus dem anderen Europa
Polen und Europa
Marcin Król: Europa und wir
J.W.: Polen in Europa
Jacek Bocheński: Der Traum von Europa
Marcin Król: Nicht in der europäischen Norm
Rückkehr nach Europa. 1989 und die Folgen
Jarosław Marek Rymkiewicz: Der Bezirk
Tadeusz Mazowiecki: Rückkehr nach Europa
Johannes Paul II.: Die Welt braucht ein erlöstes Europa
Jan Kieniewicz: Die Polen und Europa am Ende des 20. Jahrhunderts
Bohdan Cywiński: Europäizität auf Polnisch
Jan Engelgard: Ein Europa der freien Völker
Jarosław Barski, Kazimierz Lipkowski: Die Europäische Union ist Polens Untergang
Tadeusz Pieronek: Die Kirche für Europa
Agnieszka Magdziak-Miszewska: Die polnische und die europäische Identität. Einige Bemerkungen am Rande einer nicht begonnenen Debatte
Marcin Król: Am Rande Europas
Anhang
Zu den Autoren und ihren Texten
Personenverzeichnis
Rezensionen
"Wie Polens Blick auf Europa mit der Bestimmung des eigenen Standorts zusammen hängt, zeigt der Sammelband 'Polen denkt Europa'. (...) Unermüdlich begründeten die Intellektuellen Polens Zugehörigkeit zu Europa mit historischen und kulturellen Argumenten".
Andreas Mix in: Berliner Zeitung vom 1. Juni 2004
"Die Mitte unseres Kontinents liegt viel weiter ostwärts als die meisten Westeuropäer denken. Das ist nicht nur geographisch, sondern auch politisch gemeint. (...) Ein soeben im Suhrkamp-Verlag erschienener Band (...) gibt einen Einblick in das politische Denken Polens in den letzten 200 Jahren, ein Denken, das sich stets um Polens Zugehörigkeit zu Europa drehte."
NDR Kultur vom 28. Mai 2004
"Allzu oft blieb unseren östlichen Nachbarn nichts anderes übrig, als Europa lediglich zu denken. Politisch mitgestalten durften sie es lange Zeit nicht. Doch dieses um so intensivere Nachdenken, dieses Planen, Bangen, Hoffen und Verzweifeln hat unzählige Früchte getragen. Einige davon finden sich in diesem Buch."
Gerhard Gnauck in: Die Welt vom 24. Juli 2004
"Der Sammelband vermittzelt ein differenziertes Meinungsspektrum, in dem das tradierte Konzept von der Europäizität des polnischen Denkens seit Beginn des 19. Jahrhunderts überwiegt. Die Auswahl der Texte (...) zeugt von Sachkunde und Ausgewogenheit".
Wolfgang Schlott in: Osteuropa 2004, H. 11
"Seit Mai dieses Jahres ist Polen ein Teil der EU. Wie sieht das Land sich selbst, wo ordnen die Intellektuellen ihre Heimat ein, was wünschen sie sich für die Zukunft? Diesen Fragen geht die von dem Historiker Peter Oliver Loew zusammengetragenen Textsammlung nach. (...) Das (...) Buch bietet ein beeindruckendes Autorenverzeichnis: Neben rennomierten polnischen Wissenschaftlern und Politikern wie Tadeusz Mazowiecki finden sich auch Literaten wie Czeslaw Milosz und sogar Papst Johannes Paul II."
In: Profil/Wien vom 29.10.2004
"(...) erweist sich die instruktive Hinführung von Peter Oliver Loew als notwendige Strukturierung einer komplexen Thematik. (...) Wir haben es (...) mit einer in Ansätzen systematisierten, chronologisch geordneten Anthologie zu tun, die mehr oder minder tiefe Einblicke in den polnischen Europadiskurs des 19. und 20. Jahrhunderts gewährt. (...) haben wir es bei 'Polen denkt Europa' mit einer sorgfältig edierten und lesenswerten Veröffentlichung zu tun, die sowohl Fachleuten als auch Laien uneingeschränkt empfohlen werden kann".
Zbigniew Wilkiewicz in: Aktuelle Ostinformationen 2005, H.1/2, S. 76-81
"Das präsentierte Material bietet reichen Lesestoff. (...) Die für den Band ausgewählten Texte aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jh.s belegen eine große Breite der damaligen Positionen. (...) In der knappen Einführung vermag es der Hrsg., die lange Geschichte des polnischen Europadiskurses auf gelungene Weise zu erläutern."
Bernard Wiaderny in: Zeitschrift für Ostmitteleuropaforschung 54/2005, H. 2, S. 290-292
"The book is valualble as an illustration of what various Polish ideologues, politicians, publicists, leaders, and historians thought of the hope that Western Europe held for Polish aspirations".
Bogdan Czaykowski in: Sarmatian Review, Sept. 2006, S. 1242 f. = Rezension der polnischen Parallelausgabe
"Die Erörterung [der] Thematik, die von Peter Oliver Loew in einer gut strukturierten und sorgfältig edierten Anthologie dargestellt wird, hat in Polen [...] ein lange Tradition und dürfte noch nicht abgeschlossen sein. [...] Die Mehrzahl der Beiträge, die das kontroverse Europaverständnis Polens in sehr lesenswerter Weise näher bringen, wurde in diesem Band erstmals in deutscher Übersetzung veröffentlicht."
Andreas Künzli in: osteuropa.ch (Nov. 2007)
Vollständige Rezension hier.