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WŁADYSŁAW TERLECKI Die zwei Köpfe des Adlers

Inhalt

Roman.
Aus dem Polnischen von Monika Wrzosek-Müller.
Mit einem Nachwort versehen von Michael G. Müller.
1990. 270 S. Ln. EUR 17,80 (3-518-40312-5).


[Betr. die Zeit um 1863].

Die zwei Köpfe des Adlers, Terleckis bekannteste Prosaarbeit von 1970, ist ein historischer Roman besonderer Art. Das geschichtliche Ereignis – der polnische Aufstand von 1863 gegen die russische Teilungsherrschaft – liefert ihm nicht nur Stoff und Szenerie für eine Erzählhandlung. Vielmehr werden auch die Geschichtsbilder und -mythen, die sich an Polens nationale Aufstände knüpfen, hier zum Thema.


Im Mittelpunkt steht das Schicksal des letzten Warschauer Aufstandsführers (wie alle handelnden Personen eine historisch authentische Figur), der 1864, schon nach der blutigen Niederschlagung des Aufstands, von der russischen Polizei verhaftet und wenig später hingerichtet wurde. Indem der Autor den Verlauf der Ermittlungen gegen den Verhafteten sowie dessen Reaktionen und Reflexionen schildert, führt er gewissermaßen seine eigenen Ermittlungen über den Sinn der polnischen Aufstandstradition. Dabei gelangt er zu einer vieldeutigen, nur in der literarischen Gestaltung möglichen "Innenansicht" des historischen Prozesses.

Władysław Terlecki (1933 bis 1999) gehört als Roman- und Hörspielautor, Erzähler und Dramatiker zu den produktivsten und im Lande meist gelesenen polnischen Gegenwartsschriftstellern. Mit seinen zwischen 1958 und 1966 erschienenen Erzählbänden und seinem ersten historischen Roman Die Verschwörung von 1966 hat er die Gattung der historischen Prosa jenseits der spät- und nachromantischen Tradition neu erschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Im Revier ist die Luft von Schweiß und Zigarettenqualm stickig. Der typische Geruch eines Raumes, in dem die ganze Nacht die Lampen gebrannt haben. Viele Menschen.
"Ich heiße Aleksander Waszkowski. Ich bin der Stadtkommandant von Warschau." Unruhe kommt auf. Hinundhergelaufe. Die Gesichter der Offiziere; glattrasiert, lächelnd. Dann die Augen von Leuten in Zivil, die ihn aufmerksam und genau anschauen. Überall in der Welt sehen sich die Spitzel ähnlich. Jemand hat ihm gesagt – vor sehr langer Zeit, noch vor dem Ausbruch des Aufstands, als er selbst noch gegen bewaffneten Widerstand gewesen war – , daß man Spitzel ziemlich leicht erkennen kann.

Rezensionen

"Terlecki ist ein >Nestbeschmutzer<; denn er schaltet das Licht der Legenden aus. [...] Terlecki schreibt mit größter Virtuosität einen philosophischen Diskurs über die Frage, wie hoch der Preis der Freiheit sein darf, die unterdrückte Völker suchen. Wie soll der Widerstand aussehen? Wie bewahrt man seine Moral in der Gefangenschaft, im Verhör? Kann es einen Interessenausgleich mit Unterdrückern geben? [...]"
Die Welt