Jahrbuch Polen 2010 Migration

Deutsches Polen-Institut (Hrsg.)

Das aktuelle Jahrbuch des Instituts zum Thema Migration ist erschienen. Das Werk präsentiert polnische Migrationsströme in Geschichte und Gegenwart, berichtet über polnische und europäische Migrationsdebatten, behandelt differenziert die Lage der "Polnischsprachigen" in Deutschland. Zehn spannende Essays, Raportagen, Analysen und mehrere literarische Beiträge bringen dem Leser die zahlreichen Facetten des Phänomens Migration näher.

Bibliographische Daten und Inhaltsverzeichnis

Polen ist ein Land in Bewegung. Außenpolitisch hat es seine wichtigsten Ziele, die EU und die NATO-Mitgliedschaft, erreicht, wirtschaftlich befindet es sich in einer Aufholjagd – selbst die globale Finanzkrise wirkt sich nur moderat auf seine ökonomische Verfassung aus. Die Weichenstellung für diese erfolgreiche Entwicklung – der freie Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Ländern der Europäischen Union – erfolgte bereits lange vor dem EU-Beitritt. Eine spürbare Änderung für die Menschen sollte der 1. Mai 2004 aber doch mit sich bringen: Freizügigkeit für Polens Arbeitnehmer, die zum ersten Mal in der Nachkriegszeit die Möglichkeit hatten, legal in »westlichen« Ländern nach Arbeit zu suchen. Allerdings öffneten zunächst nur drei Länder – Großbritannien, Irland und Schweden – die eigenen Arbeitsmärkte für Polen, andere Alt-EU-Staaten folgten. Als letzte werden Deutschland und Österreich die Arbeitsmarktbeschränkungen vollständig abbauen.

Diese beiden Länder sind traditionelle Zielländer der Wanderungen aus Polen in den letzten Jahrzehnten. In Deutschland lebt die zahlenmäßig größte polnischsprachige Gemeinschaft in Europa (etwa 2 Millionen, polnischsprachige Spätaussiedler eingerechnet) und ist bereits weitgehend in den Arbeitsmarkt und in die Sozialsysteme integriert. Die Kinder der 1980er-Migranten (»Generation Podolski«) erobern langsam, aber unaufhaltsam die deutsche Öffentlichkeit: ob im Feuilleton (Adam Soboczynski), auf der Bühne (Thomas Godoj), auf dem Fußballfeld (Lukas Podolski, Miroslav Klose, Piotr Trochowski), in der Politik (Agnieszka Malczak) oder auf der Leinwand (Patrycia Ziolkowska, Natalia Avelon).

In dem Spannungsbogen zwischen der Bedeutung der Polnischsprachigen in Deutschland und dem realen Migrationsgeschehen aus Polen nach 2004 bewegt sich das Themenspektrum des aktuellen Jahrbuchs Polen 2010 Migration, das vom Deutschen Polen-Institut herausgegeben wird. Basil Kerski fordert in seinem Beitrag die deutsche Politik wie die Öffentlichkeit auf, polnische Motive der deutschen Einwanderungsgeschichte deutlicher wahrzunehmen, und ermuntert die polnischen Einwanderer, den Schritt »Raus aus dem Migrantenstadl« (Ilja Trojanow) zu wagen. Uwe Rada konstatiert einen nachhaltigen Wandel in der deutschen Wahrnehmung polnischer Einwanderer und Bartosz Wieliński titelt »Jetzt kommen die Polen mit den dicken Portemonnaies«. Elmar Hönekopp analysiert den deutschen Arbeitsmarkt vor dem Hintergrund seiner vollständigen Öffnung für polnische Arbeitnehmer 2011. Mehrere Autoren diskutieren die Ursachen und Auswirkungen der jüngsten Migration nach 2004 auf Polen und auf Großbritannien als beliebtestes Zielland (Michał Garapich, Krystyna Iglicka, Katarzyna Kulczycka). Über polnische Immigrationspolitik berichtet Anna Kicinger.

Im Literaturteil des Jahrbuchs finden sich Prosawerke von Manuela Gretkowska, Janusz Głowacki, Paulina Schulz, Janusz Rudnicki, Andrzej Bobkowski und Gedichte von Stanisław Barańczak. Unsere Chronik »Mein Jahr« hat der Danziger Autor Paweł Huelle geschrieben.