18.02.2025 - Gesellschaft , Politik

Polen in den Wahlprogrammen der deutschen Parteien 2025

Bundestagswahl

Foto: Tim Reckmann / ccnull.de

Anlässlich der anstehenden Bundestagswahlen am 23. Februar haben die kandidierenden Parteien traditionell ihre kurz- und mittelfristigen politischen Ziele in Wahlprogrammen formuliert. Grund genug, einen genaueren Blick darauf zu werfen, welche Rolle Polen in diesem Kontext zuteilwird.

 

Die Zusammenarbeit mit Polen ist in den Programmen der deutschen Parteien zu den Bundestagswahlen in der Regel gar kein bzw. kein eigenständiges Thema, sondern erscheint im Kontext der Europapolitik im weitesten Sinne und im Format des Weimarer Dreiecks. Dementsprechend wurde Polen 2021 dreimal von der CDU/CSU und zweimal von der Linken sowie jeweils einmal von den Grünen und der FDP erwähnt.

2025 zeigt sich ein ähnliches Bild. Generell lässt sich sagen, dass die deutschen Parteien in Polen einen wichtigen Partner im Bereich Europapolitik sehen, vor allem im Rahmen des Weimarer Dreiecks. Nur die Christdemokraten betrachten Polen öfter in verschiedenen Bereichen explizit als Partner. Die AfD wiederum erwähnt Polen nur im Kontext der Ablehnung von Reparationen. Die Linke und das Bündnis Sahra Wagenknechts (BSW) klammern Polen in ihren Programmen hingegen vollständig aus. 

Eine Tabelle, die die Zitate aus den Wahlprogrammen aus dem Jahr 2021 und 2025 zusammenstellt finden Sie hier.

CDU/CSU

Mit ganzen fünf Erwähnungen taucht Polen am häufigsten im Wahlprogramm der CDU/CSU auf. Ganz am Anfang, in der Zusammenfassung beim Punkt „Verantwortung in Europa und der Welt übernehmen“, plant die CDU/CSU die Beziehungen zu Frankreich und Polen neu zu beleben. Hiervon verspricht sich die Partei neue Impulse für die Bekämpfung der illegalen Migration, für die Förderung der Wirtschaft und von Innovationen, die Stärkung von Sicherheit und Verteidigung sowie den Ausbau der Infrastruktur zwischen Deutschland und seinen beiden größten Nachbarn.

Im Text selbst, im Kapitel „Für ein Deutschland, auf das wir wieder stolz sein können“, fällt das Wort Polen schon im ersten Abschnitt, wo die Partei u.a. die Freundschaft mit Frankreich und Polen (so wie auch Aussöhnung mit Israel und die transatlantische Partnerschaft sowie Freiheit und Sicherheit) als deutsche Erfolgsgeschichte bezeichnet, auf die Deutschland stolz sein kann.

Polen soll laut der CDU/CSU neben Frankreich, dem Vereinigten Königreich und in Abstimmung mit den USA ein Mitglied der Ukraine-Kontaktgruppe sein, die eine Strategie zur Unterstützung der Ukraine in ihrem Streben nach Frieden, Freiheit und Sicherheit entwickelt.

Im Punkt „Deutschland als verlässlicher Partner in der Welt“ geht es um die Freundschaft zu Frankreich und Polen. Die Partei beabsichtigt im Format des Weimarer Dreiecks eine enge Abstimmung zwischen Berlin, Paris und Warschau zu allen relevanten Fragen der Außen-, Sicherheits- und Europapolitik zu suchen. Ebenfalls angekündigt wird eine Zusammenarbeit in anderen Bereichen, von denen die Bürgerinnen und Bürger profitieren (Energie, Verkehr und ein Ende der illegalen Migration). In Bezug auf Polen wird es noch einmal konkret im Abschnitt „Deutsche Bahn zukunftsfähig aufstellen“, wo der Ausbau der grenzüberschreitenden Schieneninfrastruktur in Richtung Polen erwähnt wird.

SPD

Im Punkt „Wir werden unserer Verantwortung für Europa gerecht“ betont die SPD, dass

Deutschland als größtem und wirtschaftlich stärkstem Mitgliedstaat innerhalb der EU eine besondere Verantwortung zukomme und es daher wichtig sei, dass die Koalitionspartner in der Bundesregierung auf EU-Ebene mit einer Stimme sprechen. In diesem Kontext planen die Sozialdemokraten das Weimarer Dreieck als „den wichtigen Motor“ zu nutzen, um neue Wege in der EU schneller und geeinter zu beschreiten und die EU zu einer starken und solidarischen Gemeinschaft weiterzuentwickeln.

Im Kapitel „Wir stärken europäische Interessen in der Welt“ versichern die Sozialdemokraten, dass ihre besondere Aufmerksamkeit auch den deutsch-polnischen Beziehungen gelte.

Bündnis 90/Die Grünen

Die Grünen erwähnen Polen im Bereich „Eine starke Europäische Union“, wo sie erklären, wie sie die EU handlungsfähiger machen wollen. Sie planen, die EU besonders mit Frankreich und Polen gemeinsam voranzubringen und erklären, dass sie deshalb viel in die deutsch-französische Kooperation und das Weimarer Dreieck investiert hätten.

Außerdem, wie sie schreiben, stehen sie zur Realisierung des Projekts „Deutsch-Polnisches

Haus“.

FDP

Auch die FDP sieht ganz am Ende des Programms, unter dem Punkt „Deutschland in der Europäischen Union“, die Zusammenarbeit mit Polen als Erweiterung der Zusammenarbeit mit Frankreich. Die Partei will das Format des Weimarer Dreiecks stärken und gemeinsame europäische Projekte entwickeln, insbesondere im Bereich der Sicherheitspolitik.

AFD

Die AfD ist im Vergleich zu den oben genannten Parteien eine Ausnahme, da sie Polen nicht in Bezug auf Europa erwähnt, sondern direkt Reparationsforderungen aus Polen (aber auch aus Griechenland) ablehnt. Die Partei schreibt, dass diese Fragen bereits eine endgültige Lösung im internationalen Recht gefunden hätten. Die Forderungen werden als „inakzeptabel“ bezeichnet. 

Zusammenfassungen auf Polnisch

Abgesehen von der Tatsache, dass Polen im Wahlprogramm erwähnt wird (oder nicht), ist auffällig, dass die Zusammenfassung des Wahlprogramms von CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen neben anderen Sprachen auch auf Polnisch verfügbar ist. Dies mag zum einen ein Indiz dafür sein, dass die Parteien die polnische Community als Wählergruppe ansprechen wollen (wobei davon auszugehen ist, dass die Wahlberechtigten in Deutschland in den meisten Fällen Deutsch sprechen und keine Übersetzung ins Polnische brauchen), zum anderen aber auch für die Bereitschaft, ihr Programm einem polnischen Publikum zu vermitteln.

Parteien und die Rechte der deutschen Minderheit in Polen

Traditionell befragt der Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen (VdG) die Parteien (CDU/CSU, AfD, SPD, Grüne, BSW, FDP, Die Linke) nach ihrer Haltung zu Polen im Zusammenhang mit den Rechten und der Unterstützung der dort ansässigen deutschen Minderheit. Wie der Verband am 8. Januar 2025 informierte, hat er bis zu diesem Datum fünf Antworten erhalten. Die Antworten, die von den Grünen, der FDP, der SPD und der CDU kamen, weisen jedoch keine inhaltlichen Unterschiede auf. Der VdG schreibt, sie lauten folgendermaßen:

„Angesichts der sehr verkürzten Zeitläufe in diesem Bundestagswahlkampf haben sich die Generalsekretär*innen der Parteien SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, CDU, CSU und Die Linke darauf geeinigt, nur Wahlprüfsteine von einigen wenigen vorab gemeinsam vereinbarten, die gesamte Breite des gesellschaftlichen Spektrums repräsentierenden Verbänden und Organisationen zu beantworten“.

Auch das BSW erklärte, dass die vorgezogene Bundestagswahl es der jungen Partei erschwert, umfassend auf Fragen einzugehen.

In Februar waren auf der Seite des VdGs eine umfangreiche Antwort der AfD sowie eine längere Antwort von Dietmar Nietan, des Schatzmeisters der SPD und Koordinators für die deutsch-polnischen Beziehungen, zu finden.

Der letztere schreibt u.a.: „Die Angelegenheiten der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa hier insbesondere die Arbeit der deutschen Minderheit in Polen genießen in der SPD eine hohe Wertschätzung“ und betont, dass die SPD möchte die Unterstützung der deutschen Minderheiten politisch und finanziell auszubauen.

Auch die AfD versichert: „Die Anliegen der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa, explizit auch der in Polen, liegen uns als AfD besonders am Herzen.“, sowie an einigen Stellen wiederholt, dass sie sich in der noch laufenden Legislaturperiode für die Belange der deutschen Minderheit in Polen aktiv interessiert und sich für sie eingesetzt habe.

Fazit

Abgesehen von den Wahlprogrammen, die die große Mehrheit der Wähler wahrscheinlich nicht liest, kann das Thema Polen als potenzieller Partner auch während des Wahlkampfes selbst angesprochen werden. In der Regel steht die Außenpolitik, einschließlich der Beziehungen zu den Nachbarländern, jedoch nicht im Mittelpunkt von Treffen mit Wählern, Interviews oder anderen öffentlichen Auftritten. Diesmal ist die Situation jedoch anders, weil die Außenpolitik nach der Machtübernahme von Donald Trump in den USA und dem anhaltenden Krieg in der Ukraine einen großen Teil der Debatten ausmacht. Schon eine einfache Beobachtung des Wahlkampfs zeigt, dass Polen als Land von Politikern verschiedener Parteien erwähnt wird. Die Darstellung der Präsenz polenbezogener Themen in diesem Kontext erfordert jedoch eine umfassendere Analyse.