25.05.2020 - Gesellschaft , Kultur, Geschichte

Wenn ein analoges Auto digital umgerüstet wird… Das Polenmobil und andere Schulprojekte des DPI in Coronazeiten

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Die Coronakrise hat vor allem auch das Schulsystem in Deutschland vor große Herausforderungen gestellt. Nicht nur, dass sechzehn Bundesländer jeweils für sich eigene inhaltliche Unterrichtskonzepte sowie digitale Umsetzungsstrategien entwickelt haben. Auch der erhebliche Unterrichtsausfall sowie die Frage nach Anerkennung von Leistungen prägen die Debatte, die im Moment nur sehr eingeschränkte Aussicht auf Normalität bietet.

Dabei hat sie auch Einfluss auf die Schulprojekte des Deutschen Polen-Instituts. Das Institut konzipiert schon seit fast zwanzig Jahren Projekte im Bildungsbereich, in deren Fokus die Aufgabe steht, im Rahmen des Regelunterrichts Schülerinnen und Schüler Wissenswertes über Polen und/oder die deutsch-polnischen Beziehungen zu vermitteln. Den Anfang machten Lehrwerke für die Fächer Deutsch (2003), Geschichte (2007) und Gesellschaftskunde (2012), die im Cornelsen Verlag erschienen sind und Unterrichtsmodule zu jenen lehrplanrelevanten Themenaspekten anbieten, die den Brückenschlag zur Polen ermöglichen.PidS20200519 MK2 Auf diese Printmedien folgte der Aufbau der Internetplattform www.poleninderschule.de, die bis heute kostenlos zahlreiche Materialien (Arbeitsblätter, Filme, Links u.a.m.) für den polenbezogenen Unterricht zur Verfügung stellt. Um das Land Polen Schülerinnen und Schülern praktisch näherzubringen, hat das Deutsche Polen-Institut im Jahr 2015 das Projekt „PolenMobil“ ins Leben gerufen. Zwei Autos reisen ausgestattet mit zahlreichen Materialien und kompetenten Sprach- und Landeskundeanimateuren an deutsche Schulen (aller Klassenstufen) und vermitteln dort Gruppen in Klassenstärke auf attraktive und informative Weise historische, landeskundliche und sprachliche Kenntnisse über das Nachbarland. Der Besuch des PolenMobils ist für die Schulen kostenlos. Seit Projektbeginn haben über 13.000 Schülerinnen und Schüler an dem Projekt teilgenommen, wobei die beiden Autos kilometermäßig mehr als dreimal um den Globus gereist sind (140.000 km).

Eine gute Zeit für unsere Internetplattform

 Natürlich stellt sich in Coronazeiten auch für die Schulprojekte des DPI die Frage, wie wir die Inhalte unserer Projekte den neuen Unterrichtsbedingungen anpassen. Dabei erweist sich die Internetplattform als besonders coronakompatibel, weil gerade in Zeiten des – immer noch in Teilen vorhandenen – Homeschoolings digital abrufbare Materialien Hochkonjunktur haben. Allerdings ist die praktische Nutzung nur in begrenztem Ausmaß möglich, da gerade das Homeschooling nur ausgewählte, meist auf die Hauptfächer konzentrierte Inhalte vermittelt und dabei für polenbezogene Themen häufig der zeitliche Spielraum fehlt. Schon im regulären Unterricht ist der Brückenschlag zu Polen, selbst im naheliegenden Geschichtsunterricht, aufgrund der großen Stofffülle und der geringen Wochenstundenzahl meist nur bei großen Themenkomplexen (z.B. Zweiter Weltkrieg, Fall des Kommunismus u.a.m) möglich. Es liegt daher meistens an der Lehrkraft, wie stark der historische Kontext auf Polen ausgeweitet wird.

Bei den PolenMobilen ist die Konzeption einer digitalen Einsatzform im Augenblick eine große Herausforderung. Der Reiz dieses Projekts liegt gerade an der persönlichen Begegnung mit den Polenexperten und den Sprachanimateuren. Sprachspiele im Stuhlkreis, bei denen Schülerinnen und Schüler Plätze tauschen, sich gegenseitig auf Polnisch begrüßen oder eng aneinander auf einer auf dem Boden ausgelegten Europakarte stehen, sind unrealistisch. Aber wie bringt man ein analoges Auto auf einen digitalen Bildschirm? Vor diesem Hintergrund entstehen nach und nach Ideen, wie die Einsätze des PolenMobils auch über digitale Wege ermöglicht werden können.

So kann beispielsweise über Onlineschaltungen der PolenMobil-Einsatzleiter bzw. der Sprachanimateur der unmittelbare Kontakt zum Klassenzimmer hergestellt werden. Über einen Großbildschirm ist zum einen der Dialog mit der Klasse möglich („Wer war schon mal in Polen?“,  „Wer kommt aus Polen?“ usw.), zum anderen lassen sich auch landeskundliche Inhalte über bestimmte Einblendungen vermitteln. Berühmte polnische Persönlichkeiten lassen sich ebenso zeigen wie bestimmte Sehenswürdigkeiten oder landeskundliche Besonderheiten  (polnische Gerichte, Traditionen usw.). In kurzen Filmen können den Schülerinnen und Schülern bestimmte Aspekte der deutsch-polnischen Geschichte ebenso nähergebracht werden wie die Attraktionen der einen oder anderen polnischen Stadt. Außerdem soll für das PolenMobil eine digitale Karte entwickelt werden, mit Hilfe derer die Schülerinnen und Schüler im Dialog mit den Einsatzleitern die Nachbarländer Deutschlands und Polens, Flüsse sowie wichtige Städte erlernen können sowie und beide Länder geografisch wie politisch vergleichen können.

Das PolenMobil und die Suche nach der digitalen Lücke im Unterricht

 In Anbetracht der Tatsache, dass die Schulen im Moment sehr damit beschäftigt sind, ihre grundlegenden Strukturen langsam wieder aufzubauen und ausgefallene Unterrichtszeit möglichst aufzuholen, ist davon auszugehen, dass es für polenbezogene Themen oder gar PolenMobil-Einsätze schwierig wird, entsprechende Freiräume zu bekommen. Dennoch werden viele Schulen versuchen, ihre Partnerschaften mit polnischen Schulen über die Coronazeit hinaus aufrecht zu erhalten. Insofern können die digital-aufbereiteten Einsätze des PolenMobils einen wichtigen Beitrag dazu leisten, das Thema Polen auch in Bezug auf bestehende Partnerschaften ins Bewusstsein der Lernenden zu bringen und auf diese Weise eine Art Überbrückung zu schaffen, bis wieder persönliche Begegnungen möglich sind.

In der polnischen Sprache gibt es das Sprichwort „Es gibt nichts Schlechtes, das sich nicht zum Guten wendet“. Natürlich sind Teile der DPI-Schulprojekte durch die Corona-Krise stark eingeschränkt worden. Dennoch: der Fokus auf digitale Lösungen könnte auch für die Zeit nach Corona eine gefragte Alternative werden. Das gilt für die Onlineplattform www.poleninderschule.de ebenso wie für das PolenMobil. Genaugenommen wird letzteres am Ende noch mobiler und kann auch unter normalen Umständen noch schneller und flexibler agieren – analog, und wenn es darauf ankommt, auch digital.