25.03.2022 - Ukraine, Geschichte, Kultur, Politik

Rechte der Ukrainerinnen und Ukrainer in Polen

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Um die rechtliche  Situation der Menschen aus der Ukraine in Polen zu regeln, hat das polnische Parlament in einem Eilverfahren ein Gesetz über die Hilfe für ukrainische Staatsbürger in Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten auf dem Territorium der Ukraine (Gesetzblatt von 2022, Punkt 583) verabschiedet. Es trat am 12. März 2022 in Kraft. Die neuen Lösungen gelten rückwirkend ab dem 24. Februar 2022. 

 Sonderlösungen gelten vor allem für ukrainische Staatsbürger, die seit dem 24. Februar 2022 nach Polen einreisen. Die Bestimmungen regeln auch den Aufenthalt und den Zugang zum Arbeitsmarkt für ukrainische Staatsbürger, die sich vor Ausbruch des Konflikts legal in Polen aufgehalten haben und beabsichtigen, in Polen zu bleiben.

 

Die wichtigsten Rechte ukrainischer Staatsbürgerinnen und -bürger, die seit dem 24. Februar 2022 nach Polen kommen

Legaler Aufenthalt für einen Zeitraum von 18 Monaten seit dem 24. Februar 2022

Die beschlossenen Maßnahmen gelten für ukrainische Staatsbürger und mit ihnen verheiratete Personen, die seit dem 24. Februar 2022 legal und direkt aus dem ukrainischen Hoheitsgebiet nach Polen eingereist sind (das soll noch geändert werden und auch diejenigen betreffen, die nicht direkt aus der Ukraine angereist sind) und ihre Absicht erklären, sich aufgrund der Feindseligkeiten in Polen aufhalten zu wollen.

Alle ukrainischen Staatsbürger, die die oben genannten Bedingungen erfüllen, können sich ab dem 24. Februar 2022 18 Monate lang legal in Polen aufhalten. Der Aufenthalt eines in Polen geborenen Kindes ukrainischer Staatsbürger wird ebenfalls als legal angesehen.

Die einzige Bedingung ist die Registrierung der Ankunft einer solchen Person in Polen durch den Grenzschutz. Wenn ein ukrainischer Staatsbürger bereits in Polen angekommen ist, aber nicht registriert wurde, hat er/sie 60 Tage ab dem Datum der Einreise in das Gebiet der Republik Polen Zeit, dies nachzuholen.

Um in den Genuss der im Gesetz vorgesehenen Rechte zu kommen und Zugang zu Leistungen und öffentlichen Angeboten zu erhalten, muss eine PESEL-Registrierungsnummer erworben werden. Bürger der Ukraine können die Ausstellung bei den Kommunalverwaltungen beantragen.

Die Möglichkeit, eine PESEL-Nummer zu beantragen

Das Verfahren zur Erlangung einer PESEL-Nummer für Kriegsflüchtlinge wurde vereinfacht. Sie wird benötigt, um u.a. Zugang zum Gesundheitssystem und Flüchtlingsleistungen zu bekommen, ein Bankkonto zu eröffnen sowie Kinder zur Schule anmelden zu können. Darüber hinaus bietet die Gesetzgebung ihnen die Möglichkeit, ein Online-Profil zu erhalten, das den Zugang zu öffentlichen Online-Diensten ermöglicht. Die PESEL-Nummer kann bei jeder lokalen Behörde sowie einigen speziell für Kriegsflüchtlinge eingerichteten Punkten beantragt werden.

Personen, die vor dem 16. März eine PESEL-Nummer erhalten haben, müssen sich erneut bei der Behörde melden, um Fotos einzureichen und um sich Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Kinder bis zum 12. Lebensjahr müssen bei der Antragsstellung nicht persönlich anwesend sein.  

 

Daten, die im Antrag zu hinterlegen sind:

  • Vor- und Nachname
  • Geburtsdatum und -ort
  • Geburtsland und Staatsangehörigkeit
  • Datum der Einreise nach Polen
  • Ukrainische Personalnummer, falls verfügbar
  • Ggf. E-Mail-Adresse und eine polnische Telefonnummer
  • Bei der Antragstellung für eine minderjährige Person werden auch die Daten der Person angegeben, die das Kind betreut

 

Unterlagen, die einzureichen sind:

  • Ein Farbfoto, das den Anforderungen eines Personalausweises entspricht
  • ein Reisedokument
  • bei Personen unter 18 Jahren: eine Geburtsurkunde
  • falls keine Ausweisdokumente vorhanden sind, kann eine Erklärung abgegeben werden (Diese ist unwirksam, wenn sich nach Überprüfung durch den Grenzschutz herausstellt, dass die Person dort mit einem Ausweisdokument erfasst worden ist.)

 

Die Möglichkeit der Aufnahme einer Beschäftigung ohne Genehmigung

Das verabschiedete Gesetz enthält Bestimmungen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt und den Status eines Arbeitslosen oder Arbeitssuchenden für ukrainische Staatsbürger, deren Aufenthalt in Polen als rechtmäßig anerkannt worden ist, erleichtern. Eine gesonderte Arbeitserlaubnis ist dafür nicht erforderlich; eine Meldung des Arbeitgebers an das Arbeitsamt innerhalb von 14 Tagen nach Arbeitsaufnahme des ukrainischen Staatsbürgers ist ausreichend.

 Darüber hinaus sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, dass ukrainische Staatsbürger unter den gleichen Bedingungen wie polnische Staatsbürger eine wirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen und ausüben können.

 Es besteht auch die Möglichkeit, eine selbständige wirtschaftliche Betätigung nach den gleichen Grundsätzen wie polnische Staatsbürger aufzunehmen.

 

Materielle Unterstützung und Vorteile

Um ukrainische Familien materiell zu unterstützen, sieht das Gesetz unter anderem Folgendes vor:

  • Unterstützung in Form von Familien- und Elterngeld (darunter fällt auch das Kindergeld „500+“ - 500 zł/Monat),
  • Unterstützung in Form von Geld- und Sachleistungen im Rahmen der Sozialhilfe,
  • Unterstützung in Form einer einmaligen Geldleistung von 300 PLN pro Person für den Lebensunterhalt,
  • Zugang zu kostenloser psychologischer Betreuung,
  • Zugang zur medizinischen Versorgung unter den gleichen Bedingungen wie Personen, die in Polen krankenversichert sind,
  • Unterstützung für Menschen mit Behinderungen im Rahmen des staatlichen Fonds für die Rehabilitation von Behinderten,
  • Nahrungsmittelhilfe im Rahmen des Europäischen Fonds für die Hilfe für Bedürftige.

 

Zugang zu Schulen, Kindergärten, Kinderkrippen

Das neue Gesetz regelt auch die Bedingungen, unter denen polnische und ukrainische Bürger, die in der Ukraine studiert haben oder dort als Hochschullehrer oder Forscher tätig waren, ihre Ausbildung oder wissenschaftliche Tätigkeit an polnischen Hochschulen fortsetzen können.

 Auch ukrainischen Kindern und Schülern wird Bildung und Erziehung zuteil. Zu diesem Zweck können neue Klassen und Gruppen in Schulen und Kindergärten eingerichtet werden. Darüber hinaus sieht das Gesetz Erleichterungen bei der Beschäftigung von Assistenzlehrern vor und regelt Fragen im Zusammenhang mit der Betreuung von minderjährigen ukrainischen Kindern, die ohne Begleitung nach Polen gekommen sind.

 Es ist noch nicht geklärt, wie und in welcher Form sie das Abitur werden ablegen dürfen. Der Vize-Bildungsminister Dariusz Piontkowski hat erklärt, es würden kein parallel verlaufendes ukrainisches Bildungssystem, keine ukrainischen Klassen und Schulden geschaffen werden. Man plane aber, die Prüfungsfragen im Abitur ins Ukrainische zu übersetzen.

Rechte ukrainischer Staatsbürger mit legalem Wohnsitz in Polen, auch vor dem 24. Februar 2022

  • Möglichkeit zur Aufnahme einer Beschäftigung ohne Genehmigung - der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, dies dem Arbeitsamt zu melden,
  • Verlängerung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts und der Gültigkeit von Dokumenten, einschließlich u.a. befristeter Aufenthaltsgenehmigungen und Visa.

 

Finanzielle Unterstützung für Personen und Einrichtungen, die ukrainischen Staatsbürgern Unterkunft und Verpflegung bieten

Das Gesetz sieht außerdem vor, dass jede Einrichtung, insbesondere eine natürliche Person, die ukrainischen Bürgern Unterkunft und Verpflegung bietet, finanzielle Unterstützung erhalten kann. Die Leistungen werden von der Gemeindeverwaltung für einen Zeitraum von höchstens 60 Tagen in der Höhe von 40 PLN/Person/Tag gezahlt, der jedoch in begründeten Fällen verlängert werden kann.

Unter Mitwirkung von Dominik Sujka